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Die „Rente aus Stein“: Chance für Deutschlands Vorsorgelandschaft
Eine Situation, die derzeit gar nicht mal so selten ist: Ruheständler bewohnen ihre Immobilie, ohne diese vererben zu wollen oder zu können. Denn viele ältere Menschen haben in der Vergangenheit ein Leben lang darauf hingearbeitet und hingespart, ein eigenes Haus zu besitzen – und bewohnen nun im Ruhestand dieses hart errungene Domizil. Die Beliebtheit der eigenen Immobilie zeigt sich auch daran, dass in den alten Bundesländern der Bausparvertrag – neben dem Girokonto und dem Sparbuch – lange Zeit beliebteste Form der Geldanlage war.
Einst war dieser Dienst auch eine Vorsorge für die Erben: Da oft mehrere Generationen einer Familie an einem Wohnort sesshaft waren, versprach die eigene Immobilie auch für Kinder und Enkel eine Bleibe. Doch heutzutage wird die eigene Immobilie – als Form der Generationen-Vorsorge – schnell zum Problem. Denn Kinder und Enkel richten in Zeiten der Globalisierung häufig ihren Wohnort nach wechselnden Jobs aus, sind oft auch gar nicht mehr gewillt, ihr Leben nur an einem Ort zu verbringen. Flexibilität und Mobilität bestimmen mehr und mehr das Zusammenleben der Familien über mehrere Generationen hinweg.
Was aber tun, wenn die Nachkommen die Immobilie nicht haben wollen und diese zur Last wird – etwa, weil nun im Ruhestand das Geld fehlt für die notwendige Instandhaltung eines Hauses oder für einen altersgerechten Umbau? Sollte man dann einfach das Haus verkaufen und sein Altersdomizil aufgeben? Hierzu gibt es eine Alternative. Denn in manchen Fällen kann es sich lohnen, über einen Immobilienverkauf gegen lebenslanges Wohnrecht und Rentenzahlung nachzudenken – über die so genannte „Leibrente“.
Rente und lebenslanges Wohnrecht: Die Grundidee der Leibrente
Bei der Leibrente werden Haus und Wohnung zwar veräußert. Der Kaufpreis jedoch wird nicht in einer Summe ausgezahlt, sondern die bisherigen Eigentümer erhalten – bis zu ihrem Lebensende – eine monatliche Rentenzahlung. Der Clou aber ist: Nach dem Verkauf können die Leibrentner*innen ein Leben lang in der verkauften Immobilie wohnen bleiben. Das Alters-Domizil bleibt also erhalten, ein Umzug ist nicht notwendig.
Ausschlaggebend für die Berechnung der Leibrente ist zum einen der Verkehrswert der Immobilie als zugrunde liegender Kaufpreis. Ausschlaggebend ist zum anderen die erwartete Dauer des Rentenbezugs gemäß durchschnittlicher Lebenserwartung der Gesamtbevölkerung. Denn in Orientierung an den so genannten „Sterbetafeln“ für die durchschnittliche Lebenserwartung der Bevölkerung (erstellt zum Beispiel durch das Statistische Bundesamt) wird der Kaufpreis umgerechnet für Zahlungen eines monatlichen Rentenbetrags.
Der Wohnwert: Die „Mietzahlung“ der Leibrentner
Sowohl die monatliche Rentenzahlung als auch das lebenslange Wohnrecht werden notariell im Grundbuch beurkundet und damit abgesichert. Allerdings verzichtet der Käufer keineswegs umsonst auf die Immobilie, solange die einstigen Eigentümer noch darin wohnen. Denn zugleich mindert ein „Wohnwert“ die monatliche Rentenhöhe.
Der Wohnwert orientiert sich ebenfalls an den statistischen Durchschnittsdaten – auch bei Berechnung dieses Werts wird davon ausgegangen, dass die Leibrente gezahlt wird ab Rentenbeginn bis zum Erreichen der durchschnittlichen Lebenserwartung der Gesamtbevölkerung (differenziert nach Geschlecht der Rentenbezieher*innen). Man nimmt also an: Für diesen Zeitraum besteht auch Wohnrecht. Das Wohnrecht aber kostet: ein Gesamtwert wird festgelegt für die Dauer des Wohnens und in monatliche Werte umgerechnet. Monat um Monat wird nun dieser monatliche Betrag von der Leibrente abgezogen. Demnach bezahlen die Leibrentner lebenslang dafür, in ihrer Immobilie wohnen zu bleiben – eine Art Miete mindert ihre Leibrente. Keineswegs erhalten sie das Wohnrecht umsonst.
Die Leibrente als „Wette auf den Tod“?
Ein Finanzportal hat die Leibrente auch als „Wette auf den Tod“ bezeichnet. Denn zwar wird eine lebenslange Leibrente garantiert. Jedoch orientiert sich diese an statistischen Durchschnittsdaten für die Lebenserwartung. Wer länger lebt als dieser statistische Durchschnitt, der macht folglich ein gutes Geschäft – er bezieht die Rente länger und erhält folglich in der Summe mehr als „Kaufpreis“ für die Immobilie. Wer hingegen zeitig nach Abschluss der Leibrente stirbt, der hat nicht nur mit Blick auf seine Lebensdauer, sondern auch mit Blick auf das Leibrenten-Geschäft Pech: In der Summe der Rentenzahlungen bedeutet dies letztendlich ein Minus, weil nur ein Teil des Kaufpreises letztendlich als Rente ausgezahlt wird. Allerdings werden auch Modelle angeboten, die bei frühem Tod einer Leibrentnerin oder eines Leibrentners eine Mindestabsicherung für Hinterbliebene anbieten. Bei solchen Modellen gleicht sich das finanzielle Risiko einer kürzeren Lebensdauer zumindest teilweise aus.
Leibrente: Empfehlenswert bei Restschuld und fehlenden Instandhaltungsgeldern
Ob sich der Abschluss einer Leibrente und damit einer „Rente aus Stein“ wirklich lohnt, kommt immer auf den Einzelfall an. Zum Teil kann der direkte Verkauf einer Immobilie oder die Vermietung einer Immobilie lukrativer sein. Dennoch aber gibt es Situationen, in denen sich der Abschluss einer Leibrente anbietet.
Das kann zum Beispiel zutreffen, wenn ältere Menschen weiterhin in ihrer eigenen Immobilie wohnen wollen, obwohl wenig Kapital für Instandhaltung oder Umbau vorhanden ist. Denn es kann über eine Leibrente zum Beispiel auch ein altersgerechter Umbau der Immobilie – als Zusatzleistung – vereinbart werden. Auch sind Mischmodelle denkbar, bei denen zusätzlich zur Rente ein Teil der Summe dennoch sofort ausgezahlt wird – zum Beispiel, um eine Restschuld zu tilgen und dadurch die Erben von eigenen Schulden zu entlasten. Sogar Zustifter-Renten sind möglich, bei denen die Leibrente mit einem guten Zweck verbunden wird – und die Immobilie zum Beispiel nach Tod der Leibrentner an eine Stiftung geht.
Auf dem deutschen Markt fehlen noch Standards
Anders als in anderen Ländern aber, in denen die Leibrente bereits fester Bestandteil der Vorsorgelandschaft ist, hat sich die „Rente aus Stein“ in Deutschland noch nicht durchgesetzt – Anbieter gibt es erst wenige, der Markt der Leibrenten ist in Deutschland noch klein. Weil deswegen auch feste Standards fehlen, sollte man Leibrenten nur nach ausreichender Beratung durch einen Experten abschließen.
In Zeiten zunehmender Vorsorgelücken und eines sinkenden Rentenniveaus aber kann auch die Leibrente eine Möglichkeit sein, das eigene Finanzpolster aufzubessern.
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